04/11/2009

Baupolitische Leitsätze für das Land Steiermark

Am 28.10.2009 wurden, unter Anwesenheit von LH Franz Voves, die Baupolitischen Leitsätze für das Land Steiermark im Grazer Haus der Architektur vorgestellt.

Martin Brischnik zum Inhalt der im Oktober 2009 beschlossenen Leitsätze

04/11/2009

Baupolitische Leitsätze des Landes Steiermark. Screenshot Cover

©: Land Steiermark - Abteilung 16 Verkehr und Landeshochbau

Gut besuchtes HDA, u.a. Arch. DI Marion Wicher, LH Franz Voves, DI Andreas Tropper, DI Günter Koberg, DI Markus Bogensberger u.a. Foto: M. Brischnik

HDA. Foto: M. Brischnik

Foto: M. Brischnik

v.l.n.r: DI Harald Griesser (Land Stmk., Abteilung 16), Dr. Raimund Gutmann (Soziologe, wohnbund:consult), Landesbaudirektor DI Andreas Tropper, Arch. DI Roland Gruber (Verein Landluft, Sprecher d. Plattform für Architekturpolitik und Baukultur) und DI Volker Dienst (Sprecher d. Plattform für Architekturpolitik und Baukultur). Foto: M. Brischnik

s.o. Foto: M. Brischnik

v.l.: Dr. Barbara Fellner (Historikerin, Sprecherin d. Plattform für Architekturpolitik und Baukultur) Landtagsabgeordnete Edith Zitz, DI Markus Bogensberger (HDA Vorstandsmitglied). Foto: M. Brischnik

Vor etwa einem Jahr hat Landeshauptmann Franz Voves an Landesbaudirektor DI Andreas Tropper den Auftrag zur Ausarbeitung eines Papiers zum Umgang mit der Baukultur erteilt. Am 28.10.2009 wurde nun das Ergebnis in Form der Baupolitischen Leitsätze für das Land Steiermark im Grazer Haus der Architektur vorgestellt. Man muss dem Landesbaudirektor DI Andreas Tropper ebenso wie dem Baukulturbeauftragten DI Günter Koberg Respekt zollen – in der zehn Monate dauernden Entwicklungsphase ist es ihnen gelungen, 67 Personen und fünf Institute der TU Graz zu integrieren, welche im Rahmen von fünf Workshops Einfluss auf das nun 58 Seiten umfassende Werk nehmen konnten.

Bereits die Präambel (Teil A) stellt ein klares Bekenntnis zur Baukultur dar. Bezug nehmend auf den Baukulturreport 2006 wird einleitend festgestellt, dass die Verantwortung für Baukultur nicht nur bei den Fachleuten liegt, sondern in allen Bereichen der Gesellschaft verankert werden müsse. Es wird an die große Verantwortung hinsichtlich des nachhaltigen Umganges mit Ressourcen erinnert und eine hohe baukulturelle Qualität eingemahnt.
Betreffen sollen die Leitsätze nicht nur „Planungen und Bauvorhaben, welche im mittelbaren und unmittelbaren Einflussbereich des Lands realisiert werden“, sondern in weiterer Folge Projekte, welche durch Mittel des Landes gefördert werden. In einem nächsten Schritt sollen die Vorgaben schließlich in die Kleinregionen und Gemeinden getragen werden.

Das baukulturelle Leitbild, welches in Teil B der Leitsätze festgelegt ist, basiert unter anderem auf aktuellen, demografischen Entwicklungen sowie deren Auswirkung auf die regionale Raumnutzung. Der unmittelbare Zusammenhang maßloser und unkontrollierter Zersiedelung mit immer rasanter steigenden Kosten für Infrastruktur und Erschließung wird verdeutlicht und die Notwendigkeit einer aktiven und flächenschonenden Raumentwicklungspolitik hervorgehoben.
Weiters wird der Bedarf bewussten Umganges mit Energieressourcen anhand beeindruckender Zahlen gezeigt. So verbrauche das Bauen ca. 35 % aller Energieressourcen und sei für ca. 40 % aller Emissionen und für ca. 50 % des globalen Müllaufkommens verantwortlich.
Hinsichtlich der Prozessqualität werden ein transparentes und qualitätsorientiertes Vergabeverfahren, gute Kommunikation, faire Rahmenbedingungen sowie gegenseitige Wertschätzung zwischen Auftraggeber und Planungsteam gefordert.

Die Handlungsmaximen werden in Teil C der Leitsätze in vier Kategorien gegliedert: Bedarf und Standort, Bauherrenverantwortung, Umwelt und Umsetzung sowie Nutzung.
Einer vorausgehenden „steiermarkweiten Bedarfsplanung für wesentliche Infrastrukturen“ sollen Standortanalysen nach festgesetzten, sachlichen Kriterien folgen. Hinsichtlich des Umganges mit vorhandenen Flächen soll neben dem Flächenrecycling (Nachverdichtung, Ortskernverdichtung) vor allem die Baulandmobilisierung forciert werden. Hier geht es darum, die Bebauung nicht genutzten Baulandes (Baulandreserve) einzufordern. Die gesetzlichen Instrumente dazu reichen von privatwirtschaftlichen (z. B. Abgaben für ungenutztes Bauland),über Bebauungsfristen bis hin zur Festlegung von Vorbehaltsflächen (Flächen, die zugunsten öffentlicher Zwecke von der Gemeinde eingelöst werden können).

Das Kapitel Bauherrenverantwortung gleicht einer To-Do-Liste für Auftraggeber. Von der Projektvorbereitung über die Wahl des Verfahrens bis hin zu notwendigen funktionellen und qualitativen Anforderungen an einen Planungsprozess und ein Projekt werden die wichtigsten Schwerpunkte erwähnt und ihre Bedeutung knapp erläutert.
Im Punkt Umwelt und Umsetzung wird die Einhaltung der „Muss-Kriterien“ des „klima:aktiv haus – Kataloges“ für alle Bauten des Landes bzw. landesnaher Rechtsträger im kommunalen Wohnbau sowie im geförderten Wohnbau festgelegt. Weiters sollen der Energiebedarf und die Schadstoffemissionen von Gebäuden deutlich reduziert werden.
Auch die gesamtheitliche, wirtschaftliche Betrachtung von Bauten, bezogen auf deren „Lebenszyklus- und Lebensabschnittskosten“, ist in die Leitsätze des Landes Steiermark eingeflossen. Diese Berechnungen beinhalten nicht nur die Errichtungskosten von Gebäuden, sondern, bezogen auf deren „Lebensdauer“, alle anfallenden Kosten bis hin zu den Abbruch- und Entsorgungskosten. Betreffend die Entsorgung von Bauten spielen schließlich auch die gewählten Baustoffe eine entscheidende Rolle und sind nach ökologischen Kriterien auszuwählen.
Auch die verantwortungsvolle Nutzung von Bauten ist Teil der Baukultur und hat abschließend Eingang in die Leitsätze des Landes gefunden.

Die Baupolitischen Leitsätze für das Land Steiermark bieten die besten Voraussetzungen für die Zukunft und die Steiermark hat mit diesem Programm eine österreichweite Vorreiterrolle eingenommen. Bei aller guten Stimmung bleibt allerdings die Frage nach der Umsetzung all dessen, was man sich hier vorgenommen hat. Die Leitsätze erinnern im positiven Sinn an eine Checkliste oder ein Betriebshandbuch. Jeder Bauherr sollte die Kapitel gelesen und deren Bedeutung verstanden haben, bevor er ein Projekt startet. Allerdings machen die vorliegenden Leitsätze nur dann tatsächlich Sinn, wenn sie gesetzlich verankert und zumindest für öffentliche bzw. öffentlich geförderte Bauten bindend einzuhalten sind.

DI Günter Koberg

schönen Dank für deinen Kommentar, auf den ich gleich antworten muss, weil mir die Skepsis weh tut, die ich aus den Zeilen entnehme. Klar hast Du recht, dass mit so einem Papier "die Welt noch nicht gerettet" ist. Und es stimmt auch, dass "Baukultur durch gelebtes Engagement aller Beteiligten entsteht". ABER es kann doch kein Fehler sein, wenn sich dieses Engagement auch einmal in einem Beschluss der Landesregierung über "Baupolitische leitsätze" nieder schlägt - oder? Und Widerspruch zur Förderung von Initiativen verschiedenster Art ist das ja überhaupt schon gar keiner! Wo wären wir ohne Förderung von GAT, von HDA von baustelle land, von Verein BauKultur usw. usf.? Wenn es die engagierten, von der öffentlichen Hand gefördertn Initiativen nicht gäbe hätte sich das Bewußtsein für Architektur und Baukultur sicherlich noch nicht in dermassen breiten Kreisen herumgesprochen. Und zuletzt möchte ich Dich auf einen kleinen Wiederspruch hinweisen, den es zwischen deinem Eingangszitat und der Forderung an den Landeshauptmann gibt, er müsse nun dafür Sorge tragen, dass die Leitsätze umgesetzt werden. Nein, liebe Michi, "durch gelebtes Engagement aller Beteiligten entsteht Baukultur". Da bist Du genauso gemeint wie der Herr Landeshauptmann. Alle Beteiligten sind Politik, Verwaltung, Bauherrn, PlanerInnen, die Initiativen, und viele andere mehr .....
Schönen Dank für das Einbringen deines Teils, und liebe Grüße Günter

Mo. 09/11/2009 5:14 Permalink

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