07/02/2023

In unregelmäßigen Abständen sollen auf diesem Portal die Tendenzen im Bereich des alpinen Bauens in den Bundesländern Steiermark und Kärnten dargestellt und abgebildet werden. Vielfach von der Öffentlichkeit unbemerkt haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in besonderen Bereichen Bautätigkeiten entwickelt, die weniger einem Wohnbedürfnis, sondern vielmehr als Zweitwohnsitz oder rein touristischer Nutzung dienen. Dass es dabei auch um den Verbrauch wertvoller Landschaft mit einhergehender Naturzerstörung aus teilweise spekulativen, egoistischen Gründen geht, soll nicht unerwähnt bleiben. Mehrere ‚Hotspots‘ werden unter diesen Aspekten in loser Reihenfolge vorgestellt.

07/02/2023

Triebener Tauern im Anflug von Süden

©: Günther Bogensberger

Feriendorf Hohentauern mit Ausbaupotential

©: Günther Bogensberger

Feriendorf Hohentauern in Verwaltung der Agentur ALPS Resort

©: Günther Bogensberger

Feriendorf Hohentauern, gebaut Ende der 1990-er Jahre

©: Günther Bogensberger

Feriendorf Hohentauern in Reihenhaustypologie

©: Günther Bogensberger

Feriendorf Hohentauern kürzlich entstandene Neubauten

©: Günther Bogensberger

Almdorf Hohentauern

©: Günther Bogensberger

Almdorf Hohentauern in offener Bauweise mit Chalettypologien

©: Günther Bogensberger

Zufahrt zum Almdorf Hohentauern

©: Günther Bogensberger

Die Gemeinde Hohentauern, eine der kleinsten Gemeinden der Steiermark bezüglich Einwohnerzahl, liegt auf der Passhöhe des Triebener Sattels auf ca. 1270 m.ü.A. und damit auf der direkten Verbindung zwischen Trieben und dem Murtal. Diese Strecke wird – aus Gründen der Streckenersparnis – vielfach als willkommene Ausweichroute sowohl vom Schwerlast- als auch vom Alltagsverkehr genutzt. In Folge führt dies zu einer Verkehrsbelastung, die sowohl für den Ort als auch für die überwiegend ländliche Umgebung ein großes Problem darstellt.

Hohentauerns Bevölkerungsentwicklung ging in den vergangenen 60 Jahren zurück, von 948 Einwohner:innen 1961 auf 380 im Jahre 2022. Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt aktuell 92 km². Tatsächlich hat der Ort ein umfängliches Gemeindeleben – es gibt rund 22 Vereine – vom Singkreis über die Knappenkapelle bis hin zur Freiwilligen Feuerwehr und bietet demgemäß auch zahlreiche Veranstaltungen an. Die örtliche Infrastruktur ist intakt, neben Nahversorgern gibt es noch einen Arzt, einen Kindergarten und diverse Einrichtungen im Hinblick auf den Tourismus. Dieser ist  eine weitgehende Stütze für die kleine Gemeinde – man bietet dem Gast neben zahlreichen Ausflugsmöglichkeiten, die sogenannten „Sieben himmlische Plätze“, Orte, die vorwiegend in der wärmeren Jahreshälfte aufgesucht werden und im Winter für den Skisport zwei voneinander unabhängige Liftanlagen etwas außerhalb des Ortes im Südosten an.

Der Tourismus prägt seit Jahrzehnten auch baulich die Landschaft. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Anlage von zwei größeren Feriensiedlungen, dem Feriendorf Hohentauern und dem Almdorf Hohentauern.

Feriendorf Hohentauern: In den späten 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, auf einer Fläche von rund dreieinhalb Hektar in unmittelbarer Nähe der Moscher Lifte entstanden ca. 65 Neben- bzw. Zweitwohnsitze, die von einem Bauunternehmen aus Stadl/Mur errichtet wurden. Auf den bereits in den 80er-Jahren gewidmeten Baugrundstücken entstehen auf einer weiteren Fläche von ca. eineinhalb Hektar noch weitere 20 Gebäude. Alle bestehenden Einheiten sind im Privateigentum und werden zeitweise von der Agentur ALPS Resorts als Feriendomizil oder Apartments für Gäste angeboten.

Almdorf Hohentauern: In den 2000er-Jahren errichtet, sukzessive erweitert und ausgebaut, ist diese Feriensiedlung an ihr bauliches Ende gekommen. Stand 2022: 68 Neben- bzw. Zweitwohnsitze, hauptsächlich von Holländern, Deutschen und Österreichern bewohnt.

Weitere Bauten stehen angeblich nicht im Interesse der Gemeinde, zumal die dafür zulässige Verhältniszahl von Zweit- zu Hauptwohnsitzen ohnedies weit überschritten ist. Derzeit liegt diese Zahl bei 1,4. Laut steiermärkischem Raumordnungsgesetz (ROG) ist eine Zahl zwischen 0,5 und 1,0 zulässig.

Am Beispiel der Gemeinde Hohentauern mag man erkennen, wie wirkungslos Gesetzesvorgaben in der täglich geübten Praxis sind – eine Übertragung von Agenden der örtlichen Raumplanung an die übergeordnete Stelle der Landesplanung erscheint unter diesen Gesichtspunkten wenig zielführend – die entsprechenden Leitlinien für Alpines Bauen sind in der sogenannten „ALPENKONVENTION der örtlichen Raumplanung“ längst verankert. 77 % der Steirischen Landesfläche liegt im Geltungsbereich dieser „ALPENKONVENTION“.

Die Konvention ist ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag zwischen den Staaten Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz, Slowenien und der Europäischen Union. Sie besteht aus einem Rahmenvertrag und acht Durchführungsprotokollen. Die Vertragspartner haben sich unter Beachtung des Vorsorge-, Verursacher- und Kooperationsprinzips zu einer ganzheitlichen Politik zur Erhaltung und zum Schutz der Alpen und zur umsichtigen und nachhaltigen Nutzung der Ressourcen verpflichtet. Österreich hat diesen völkerrechtlichen Vertrag zum Schutz der Alpen bereits im Jahr 1995 ratifiziert. Die Durchführungsprotokolle traten im Jahre 2002 in Kraft.  

(siehe parlamentarische Dokumente und Homepage der Alpenkonvention https://www.alpconv.org/de/startseite/ https://www.parlament.gv.at/dokument/BR/BRSITZ/690/fnameorig_113977.html)

Mit Pkt. 4. der Alpenkonvention und der örtlichen Raumplanung sollten der Umgang mit den Flächen im Konventionsgebiet und darüber hinaus eigentlich eindeutigen Grundsätzen folgen. Dafür sind insbesondere folgende Raumordnungsgrundsätze maßgeblich.

(StROG §3 Abs. 1)

1. Die Qualität der natürlichen Lebensgrundlagen ist durch sparsame und sorgsame Verwendung der natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft zu erhalten und, soweit erforderlich, nachhaltig zu verbessern.
2. Die Nutzung von Grundflächen hat unter Beachtung eines sparsamen Flächenverbrauches, einer wirtschaftlichen Aufschließung sowie weitgehender Vermeidung gegenseitiger nachteiliger Beeinträchtigungen zu erfolgen. Die Zersiedelung der Landschaft ist zu vermeiden!

Angesichts des zunehmenden Bodenverbrauchs auf wenig ertragreichen Böden in alpiner Landschaft muss man meines Erachtens Planungsentscheidungen nicht auch noch auf höhere Ebenen verlegen, schärfere Bestimmungen oder gar neue Gesetze erlassen. Es würde genügen, die vorhandenen Planungselemente, Leitlinien und Vorgaben einzuhalten bzw. sie zu erfüllen, – wie es die Autorinnen des Buches „BODEN FÜR ALLE“, Karoline Mayer, Katharina Ritter, Angelika Fitz mehrfach und nachdrücklich betont haben.

Das Wesen des faustischen Menschen in unserer westlich geprägten Konsumgesellschaft – höher, weiter und immer MEHR – steht den Grundsätzen eines sorgsamen und sparsamen Umgangs mit natürlichen Ressourcen leider entgegen und wird sich so schnell nicht ändern.

Nicht gleich.
Es wird sich aber ändern müssen.
Hoffentlich ist es dann nicht schon zu spät!

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