27/03/2023

Autofreie Neutorgasse 2025

Eine autofreie Neutorgasse wäre ein Meilenstein in Richtung autofreie Innenstadt. Städte wie Ljubljana, Gent, Bern und Ulm zeigen vor, wie es gehen kann, während in Graz die Ideen oftmals im Keim erstickt werden. Übrigens ist die Neutorgasse mit 20 m gleich breit wie die Herrengasse.

Ein Kommentar von Elisabeth Kabelis-Lechner

27/03/2023

Am Sonntag in der autofreien Neutorgasse, 2023

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Ohne Autoverkehr werden Gebäude präsenter

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Fassaden mit Geschäftszonen auf der Westseite

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Schon lange leerstehende Geschäfte auf der Ostseite der Neutorgasse könnten wiederbelebt werden

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Die Slovenska Cesta ist autofrei, Ljubljana

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Ohne Autolärm wäre die Grünfläche vor dem Landesmuseum Joanneum eine Erholungsfläche

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Auszug Flächenwidmungsplan – die Neutorgasse ist so breit wie Herrengasse

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Die Kleine Zeitung hat eine Pro & Contra Diskussion zu einer möglichen autofreien Neutorgasse eröffnet. Da DI Karl-Heinz Posch, Leiter des Instituts für Verkehrspädagogik, die Idee der autofreien Neutorgasse als große Chance für eine Erweiterung der verkehrsberuhigten Innenstadt sieht, lehnt er die Wiedereinführung des Durchzugsverkehrs nach der Baustelle vehement ab. Das wäre für ihn eine Rückkehr zur Verkehrsplanung der 50er- und 60er-Jahre. Auch 66 % der Teilnehmer*innen einer Online-Umfrage der Kleinen Zeitung sind für eine autofreie Neutorgasse.

Bernhard Bauer, Leiter der Regionalstelle Graz der Wirtschaftskammer, sieht dies erwartungsgemäß ganz anders: „Wir müssen hier also – auch wenn wir uns alle weniger Autos in der Stadt wünschen, – auf die Bedürfnisse der Unternehmerinnen und Unternehmer hören, die genau wissen, was für ihre Kunden und Mitarbeiter wichtig ist: Sehr viele der konsumierenden Innenstadtbesucher kommen nach wie vor mit dem Auto. Um nicht zu riskieren, dass wir die Innenstadt „zu Tode beruhigen“, ist daher eine Diskussion über eine autofreie Neutorgasse derzeit nicht zielführend“.

Bauers Argumente sind ziemlich „vorgestrig“. Es ist über 50 Jahre her, dass sich der Handel vehement gegen die Fußgängerzone Herrengasse aussprach. Dass man die Innenstadt mit einer schlechteren Autoerreichbarkeit zu Tode beruhigen kann, ist vor allem aber ein Totschlagargument in einer endlich aufkeimenden, dringend notwendigen, anders gelagerten Diskussion. So wird das Argument „die Innenstadt zu Tode beruhigen“ von Vertreter*innen der Wirtschaft bzw. von konservativen Parteien immer dann vorgebracht, wenn Städte dringend notwendige Maßnahmen zur Mobilitätswende und zum Klimaschutz ergreifen und ihre Innenstadt oder auch nur Teilbereiche vom Autoverkehr befreien wollen. Eine Internetrecherche mit dem Suchbegriff Innenstadt zu Tode beruhigen liefert erstaunlich viele Treffer. Gegner*innen dieser Trendwende scheinen sich eine florierende Innenstadtwirtschaft nur mit Parkplätzen in unmittelbarer Nähe vorstellen zu können, während sich 66 % der Teilnehmer*innen der Online-Umfrage der Kleinen Zeitung, die sich für eine autofreie Neutorgasse aussprechen, sicher sind, dass „florierende Innenstadt“ besser ohne Autos geht.

Auch in Wien hatte sich die Wirtschaftskammer vehement gegen die Umgestaltung der Mariahilfer Straße zu einer Begegnungszone ausgesprochen. Nach vier Jahren änderte sie ihre Meinung grundlegend und forderte österreichweit mehr Begegnungszonen. „Denn Begegnungszonen rechnen sich für die Wirtschaft bereits nach 2 Jahren“, so der Standortanwalt der WKO Wien in der Wiener Zeitung vom 18.10.2019. Sind dem Leiter der Regionalstelle Graz diese Erkenntnisse und Empfehlungen seiner Wiener Kolleg*innen möglicherweise gar nicht bekannt?

In Ljubljana hat Vizebürgermeister und Stadt- und Verkehrsplaner Janez Kozelj in nur fünf Jahren die gesamte Innenstadt verkehrsberuhigt, nahezu autofrei gemacht und damit eine große Mobilitätswende vollzogen. Er selbst spricht von der „befreiten Stadt“. 
2013 wurde als letzte große Maßnahme die Verkehrshauptader Slovenska cesta gekappt. Die Straße wurde für zwei Jahre zur Großbaustelle und dann nur noch für Fußgänger, Radfahrer und den öffentlichen Busverkehr geöffnet. Sie hat sich von einer stinkenden Durchgangsader in eine beliebte Begegnungszone mit hoher Aufenthaltsqualität verwandelt. Die Feinstaubwerte sind außerdem um 70 Prozent gesunken. Vorbild für das feinstaubgeplagte Graz?

Für WKO-Regionalstellenleiter Bauer ist eine autofreie Neutorgasse nicht möglich, weil seiner Meinung nach noch sehr viele der konsumierenden Innenstadtbesucher nach wie vor mit dem Auto kommen. 
Auch Unternehmer Michael Eitel von der Parfümerie Dr. Ebner befürchtet, dass weniger Tourist*innen kommen würden, wenn sie in der Stadt nicht parken können. 

 Das Beispiel autofreie Innenstadt Ljubljana beweist, dass derlei Befürchtungen der Wirtschaft nicht angebracht sind. Das Stadtzentrum wurde nicht zu Tode beruhigt, ganz im Gegenteil. Die Innenstadt pulsiert und wurde zum Wohnzimmer der Menschen, auch der Tourismus hat stark von diesen Maßnahmen profitiert. Die Luftqualität verbesserte sich und wesentlich mehr Menschen gehen zu Fuß. In Graz leiden Bewohner*innen noch immer an zu hohen Feinstaubwerten, deren Hauptverursacher der Autoverkehr ist. Die Neutorgasse ist im Flächenwidmungsplan als Sanierungsgebiet Lärm ausgewiesen. Allein das ist Grund genug, diese Straße rückzubauen.

Vizebürgermeisterin Judith Schwentner sei grundsätzlich dafür und wird eine autofreie Neutorgasse während der Baustellenphase prüfen lassen, erfährt man aus ihrem Büro. Das ist gut so, denn „Graz im Zeichen des Klimaschutzes zu gestalten“, bedeutet für die Vizebürgermeisterin „mehr Grün, mehr Platz, mehr Miteinander“.

Ein Auszug aus dem Grazer Regierungsprogramm zeigt: „Die Verkehrswende im Sinne des Klimaschutzes und der Lebensqualität einer Stadt bedeutet für uns den Vorrang für Fußgänger:innen vor Radfahrer:innen, vor dem Öffentlichen Verkehr, vor dem Autoverkehr. (…) Ein autofreies Stadtzentrum soll schrittweise umgesetzt und für eine lebenswertere Innenstadt sorgen.“

Es besteht also Hoffnung, dass die Stadtregierung die Neutorgasse den Menschen zurückgeben und damit im Einklang mit dem Regierungsprogramm einen wichtigen Schritt für ein autofreies Stadtzentrum setzen wird.

Dipl. Dolm. Peter Laukhardt

Ich habe mich zuerst gefragt, wie man sich auf einer zweigleisigen Tramtrasse und einem Radweg eine "Flaniermeile" vorstellen soll. Jetzt habe ich aber dazu einen Gedanken: Das seit Jahren leider "tote" Portal an der Westfront des Joanneums könnte mit dem dahinter liegenden schönen, ehemaligen Foyer ein kleines Café aufnehmen; davor könnte ein kleiner Gastgarten dem Straßenzug ein lebendiges Gesicht verleihen.
Die Frage: Warum hört man nichts mehr von der schon längst beschlossenen Fußgängerzone in der Kaiserfeldgasse, die ja wirklich eine Flaniermeile werden wird. Die Umsetzung wird ja nach dem Bau der Entlastungsstrecke fällig. Wie laufen denn da die Planungen?

Di. 28/03/2023 23:29 Permalink
Anonymos

Antwort auf von Dipl. Dolm. Peter Laukhardt

Wo kann man in die Planung Johanneumspitz / Neutorgasse und AHPlz. + Brücke einsehen? Wir Stadtbewohner möchten gerne wissen, wie die Planung für diesen öffentlichen Stadtraum aussehen werden.
Bitte im BIG veröffentlichen (Lageplan und Straßenquerschnitte).

Do. 30/03/2023 13:11 Permalink
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+