20/12/2019
20/12/2019

Arthur van den Broek

©: Giencke & Company

Arthur van den Broek: Cafe "Ecco" in Feldkirchen, Kärnten, 1988

©: Giencke & Company

– eine Hommage von V. Giencke

1988. 30 Jahre ist es her. Viel hat sich nicht verändert. Damals als mir Arthur van den Broek erzählte, er hätte in Feldkirchen in Kärnten ein Cafe zu bauen, wünschte ich ihm alles Gute. Er hat das Beste daraus gemacht.
Junge, engagierte Architekten/innen hatten damals wie heute wenig Chancen. Aus engagierten Architekten/innen wurden rasch etablierte Mitglieder der Gesellschaft, weil sie überleben wollten oder mussten. Wie gesagt, viel hat sich nicht verändert. Engagierte Architekten/innen – und das sind die einzigen, die mich interessieren – sind nicht nur der militanten Ignoranz potenzieller Auftraggeber ausgesetzt. Sie stehen auch in der Kritik ihrer Kollegen und mit Ihnen verbundener Planer. Durchschnittlichkeit wird verlangt, erfüllt, gewinnt Preise, ja ist geradezu schick. Die Vermutung, dass man es nicht anders kann, liegt allerdings auf der Hand.

Arthur van den Broek war ein widerspenstiger Student, der hohe Ansprüche stellte, auch an sich selbst. Er hat als junger Architekt großartige Projekte unter anderem für die Ponte dell‘ Academia in Venedig und für das IGNCA Indira Gandhi Center in Neu Delhi entworfen. Gebaut hat er das "Ecco", ein Kulturcafe in Feldkirchen/Kärnten. In meinem Architekturbüro konnte er einen Teil seine Ideen umsetzen. Ein wirklicher Ersatz für seine eigene, in Gedanken gebaute Architektur war es nicht. Ohne Illusionen verließ er in den 90-er Jahren Graz, zog sich in die Südoststeiermark zurück, wo er kurz nach Weihnachten 2017 gestorben ist. Er wurde 59 Jahre alt.

Bei Eröffnung des Kulturcafe „Ecco“ in Feldkirchen in Kärnten habe ich spontan noch am Ort des Geschehens meine Eindrücke festgehalten. Sie wurden 1988 in der Kärntner Kulturzeitschrift "Die Brücke" veröffentlicht. Ich habe dieses Heft gerade wiedergefunden und hole jetzt im Sinne derjenigen, die ihn kannten, meine Hommage an Arthur van den Broek nach.

Feldkirchen, Cafe "Ecco". Es ist der 9.Jänner 1988, abends.
Würfelspieler, Trinker und einschlägig gutes Publikum. Sogar die üppige Faschingsdekoration verträgt das Lokal. Verschränkte Türgriffe, weil Ziehen und Drücken zwei Bewegungen sind. Was ich immer schon wusste und endlich verstehe. Laute Musik und leise Menschen. Billiges und Besseres, gefundenes Material für Tische, Sessel und alles andere. Welch eine sinnliche Erholung für den, der womöglich das Wiener Kleincafe für interessant und schick hält. Wie viel Erfindung für wie wenig Geld, mit fast keinem Aufwand! Da plag ich mich zeitlebens, den Grundsatz von der Ökonomie der eingesetzten Mittel in meiner Architektur zu verwirklichen, und dann kommt einer, der‘s macht. Als gäb es nichts Einfacheres. Vor mir ein großer Raum, der an das freie Atmen und Denken erinnert; der das Schreien verschluckt und das Schweigen fast fordert. Alles in allem ein visuelles Erlebnis wie der Wörther See im Herbst, so viele Farben ohne Gegnerschaft, eine Theke, die einen vom Stuhl reißt, kaum dass man sich hingesetzt hat.
Mein Gott, ihr Kärntner Architekten, ihr habt ein Eldorado und grabt nach Kartoffeln. Der hundert Meter weit entfernte Architekturpreis des Landes wirkt, verglichen, wie eine Beleidigung, nein, er ist es. Kaum verträgt die Stadt solche Gegensätze. Auch die rundum bemühte Architektur bleibt kalter Kaffee und regt nicht an. Dieses Feldkirchen lebt von einer kleinen Oase mit Rauchfang, von Kaiser- Bier, Schweppes und Güssinger.
Die Heizung könnt‘ er höherstellen, der Wirt, und die Beleuchtung im Klo instandsetzen. Allerdings erschreckt einen dort der persönliche Anblick auch im Dunkeln. Gott sei Dank, denk ich mir, steht kein zweiter neben mir – keinen Tropfen würd ich herausbringen. Ein roter Vorhang für die Revolution oder fürs Theaterspiel. Egal. Die junge Frau mir gegenüber steht auf, geht spazieren, ohne das Lokal zu verlassen. Ich frage mich, wo kann ich das, wo ist Raum genug für Entdeckungsreisen? Wo ist die Bewegung, ist der Blick genug, um als Ereignis erlebt zu werden? Das dritte Achterl für den Architekten. Ein Schlosser muss er sein, ein Bildhauer, ein Kopf jedenfalls. Mit Bauch, wenn sie wollen. Aber mehr Kopf als Bauch, darauf bestehe ich.
Nun kenne ich van den Broek als architektonisches Baby. Kenne ihn, kenne alles von ihm. Jetzt überrascht er mich, wächst über sich selbst hinaus, hängt irgendwo im Raum, unsichtbar. Aber er ist da, materialisiert in vielen Dingen, großen und kleinen. Ich könnte vor Freude ein Glas hinter mich werfen, kein volles natürlich, aber ein leeres hab ich nie vor mir stehen, solange ich sitze. Der Kosmos als Dach über dem Klo. Wo gibt es so etwas? Da fliegen die Amerikaner und Russen im Weltall herum, und ich bin fast zuhause und auch Kosmonaut. Die Ladeflächen von Lkw-Aufbauten dienen als Boden. Ein verrückter Einfall, aber wer hatte ihn schon vorher? Wie wenig wissen wir von dem, was möglich ist. Armseliges Wien, trauriges Graz, verdammtes Klagenfurt.
Die Zukunft beginnt in der Mitte Kärntens! Wer hätte das gedacht!?
Dankbar stehe ich auf, vergesse meinen Schal, und gehe.

Gernot Ritter

Ich konnte Arthur van den Broek im "LUNATIC" in Knittelfeld kennenlernen.
Es muss so um 1987 gewesen sein.
Eine Zufluchtsstätte für uns gelangweilten Maturanten des dortigen Gymnasiums, schon um 11:00 Vormittags (wir schwäntzten Schule), eine nette Begegnung.
Er gestaltete den Keller um, ein in Blau getauchtes "Ewas", das mir irgendwie komisch vorkam, aber doch eine andere Welt darstellte.
Im Herbst begann ich Architektur zu studieren....

Di. 07/01/2020 5:07 Permalink
Adina Dan

He was a generous soul. He took care of me in the summer of '92, with his partner, Monika. I was 14 years old, and it meant the world to me.
I will forever be grateful for their kindness. Adina

Do. 27/01/2022 6:19 Permalink
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