05/04/2016

Aber Hallo!

Jeden ersten Dienstag im Monat veröffentlicht GAT in der Kolumne Aber Hallo! Anmerkungen von Karin Tschavgova zu aktuellen Themen von Architektur und gebauter Umwelt.

05/04/2016

Park der TU Graz Rechbauerstraße an einem Frühlingstag

©: Karin Tschavgova

Park der TU Graz Rechbauerstraße an einem Frühlingstag

©: Karin Tschavgova

Park der TU Graz Rechbauerstraße an einem Frühlingstag

©: Karin Tschavgova

Park der TU Graz Rechbauerstraße an einem Frühlingstag

©: Karin Tschavgova

Park der TU Graz Rechbauerstraße an einem Frühlingstag

©: Karin Tschavgova

Lunchpause im Park in New York

©: Karin Tschavgova

Frühling lässt sein blaues Band

Wieder flattern durch die Lüfte

Süße, wohlbekannte Düfte

Streifen ahnungsvoll das Land
Eduard Mörike

Frühling ist’s! Was gibt es Schöneres, als sich mittags aus der eigenen Geschäftigkeit zu stehlen, eine Wiese, den Park oder die nächste Grünfläche anzusteuern und die schon wärmende Mittagssonne auf den Wangen zu spüren. Ein erstes Grün, die Farbigkeit der ersten Blüten, eine gut platzierte Bank in der Sonne ….

Schön wär’s. Während selbst der kleinste Gemeinschaftsgarten der Stadt am grünen Restgrundstück um den Pavillon des studentischen Wohnungsservice in der Rechbauerstraße von den „Rechbäuerinnen“ zum Saisonstart aufgemöbelt wird, herrscht nebenan im Park der TU Graz eine fast unbeschreibliche Tristesse (daher diesmal ausnahmsweise einige tagesaktuelle Fotos). Der Eindruck dort: eine unambitionierte Gestaltung (vor wenigen Jahren mit scheinbar zufällig gesetzten Podesten, jetzt ergänzt durch unsägliche Schotterfelder mit Trockengräsern) - geprägt von Phantasielosigkeit, Eintönigkeit und Lieblosigkeit.

Dass die TU Graz ein Institut für Architektur und Landschaft beherbergt, in dem Landschaftsarchitektur gelehrt wird, kann man kaum glauben. Perdu die Zeiten, als die Entwurfs-Professoren der Technischen Hochschule sich engagierten, um einen Entwurf für die Erweiterung der Hochschule auf dem hauseigenen Areal zu finden. Längst vergessen jene Jahre in den 1970ern bis 1980ern, als an der Technische Hochschule Professoren wirkten, die zu aktuellen Themen der Stadtentwicklung öffentlich Stellung bezogen haben – und das oft laut und kritisch. Man musste nicht einverstanden sein mit Meinung und Kritik der Herrn Professoren Hoffmann, Breitling oder Dimitriou, aber man konnte ihnen Anerkennung zollen dafür, dass sie sich engagiert hatten und mitgemischt haben. Das Mindeste, was damit erreicht wurde: eine Haltung ausgedrückt und einen Diskurs in Gang gebracht zu haben. Das Maximalste: einen Kurswechsel erreicht zu haben. Die älteren unter uns erinnern sich daran, dass der Städtebauprofessor Hubert Hoffmann sich vehement gegen eine Autobahn durch die Stadt und für die dann tatsächlich realisierte Variante durch den Plabutsch im Tunnel eingesetzt hat.

Tja, schön wär’s, wenn die Herrn Professoren nicht nur nach internationalen Auszeichnungen ihrer Büros schielen, sondern sich auch im eigenen Haus und Umfeld durch besondere Leistungen auszeichnen würden. Das würde die TU Graz zwar leider nicht auf einen vorderen Platz in der Rangliste der weltbesten Universitäten hieven, es würde auch nicht automatisch ihre Excellenz fördern, aber es würde doch einige freuen.

Alle jene zum Beispiel, die am Areal der Technischen Universität arbeiten und studieren und die an einem dieser leicht und lebensfroh machenden Frühlingstage ihre Pause im Park verbringen würden, wenn seine Landschaftsgestaltung so wäre, dass man darin verweilen möchte. Und sind Architekten nicht davon überzeugt, dass gute (Landschafts-)Architektur die Lebensumstände der Menschen verbessern und Zufriedenheit am Arbeitsplatz die Arbeit verbessern kann? Was die einfachen Stadtgärtner von Graz aus Erfahrung und Intuition können, müssten doch auch die Architektur- und Landschaftsplanung Lehrenden zustande bringen, oder?

TuUGrz

Was vordergründig wie ein harmloser Streich der Hausverwaltung wirkt ist ein subtiles Konzept zur Diskussion grundlegender Fragen der Architektur. Kontroverse Themen werden in den öffentlichen Raum des TUParks projiziert, die Öffentlichkeit wird zu kritischer Interaktion eingeladen. Verblüffende Interventionen wie der Abriss der Domenig Rampe helfen Selbstverständliches in Frage zu stellen. Die stattdessen ausgestellten, bewusst derb detailierten Holzpodeste erzeugen vielschichtige Irritationen. Die Aufladung des Raumes durch kuriose Einzelelementen versteht sich als Prozess an dessen Ende die komplette Entarchitektonisierung des Areals steht. Die Studierenden werden durch simple Nutzung eingeladen, eigenverantwortlich an diesem Transformationsprozess mitwirken. Diese Herangehensweise wird im Innenraum stringent fortgeführt.

Do. 07/04/2016 7:45 Permalink
Anonymous

Antwort auf von TuUGrz

Gleichzeitig entstand die Gestaltung in enger Zusammenarbeit mit den Behörden, mit dem Ziel auf mikroskopischer Ebene jene Leitgedanken abzubilden, die auch die Planung und Gestaltung des öffentlichen Raums der Stadt Graz prägen.
Die bewusste Ignorierung und Marginalisierung der Planenden erzeugt so erst die einzigartige Energie der Grazer Schule: die ständige Provokation ist die Grundbedingung ihres kämpferischen und trotzenden Charakters.

Mi. 18/05/2016 2:19 Permalink
Nikolaus Fedl

Aber Hallo! Da bringt es jemand auf den Punkt. Gefällt mir, dass so ein Thema einmal angesprochen wird!
Es ist wohl ein Spiegelbild der aktuellen Gesellschaft, dass es heutzutage immer wichtiger ist sich selbst zu präsentieren als sich um Themen zu kümmern für die man eigentlich verantwortlich wäre.
Ohne öffentlichen Druck ist wohl kein Blumenstrauß zu gewinnen. Deshalb lässt man die Situation so wie sie ist, wird schon niemandem auffallen…
Als Landschaftsplanungsbüro haben wir natürlich immer wieder gerne Kontakt mit den Studierenden der TU-Graz. Die angehenden Architektinnen und Architekten zeigen immer wieder reges Interesse an ökologischen Lösungsansätzen, welche die Architektur organisch in die Landschaft eingliedert. Auf die aktuelle Situation angesprochen bekommt man sehr interessante Meldungen von den Studiosi: lieblose Verschönerungen, willkürlich platzierte Podeste und Kieshäufen, ohne Begrenzung, keine Struktur und niemand vom Institut für Architektur und Landschaft findet es Wert diesen Missstand unmittelbar und sofort beseitigen zu lassen.
Hinzukommt das der restliche Park derzeit vorwiegend als „Hundeklo“ missbraucht wird und für die eigentliche Nutzung durch die Studenten und Studentinnen sehr suboptimal zur Verfügung steht.
Für die Studenten und Studentinnen wäre es besonders wichtig den Grünraum mit ausreichend Sitzplätzen auszustatten, damit an schönen Tagen ein Arbeitsplatz im Freien entstehen kann.
Diese Möglichkeit wird jetzt schon sehr gerne in Anspruch genommen, ist aber aufgrund der vorher geschilderten Themen nur sehr bedingt möglich.
Abschließend darf ich noch ein Statement einer Architekturstudentin hinzufügen: „Ich würde mich an deren Stelle darum reißen die Grünraumgestaltung am Unigelände beeinflussen zu dürfen, weil es sich dann auch positiv auf das Institut auswirkt.“
In diesem Sinne wünsche ich mir ein „StudentInnenbeteiligungsprojekt für einen angemessenen Grünraum“ , das wir gerne fachlich begleiten. Liebe Studenten und Studentinnen: „Es ist wieder einmal Zeit für einen Mutausbruch!“

Mo. 18/04/2016 10:29 Permalink
Anonymous

Antwort auf von Nikolaus Fedl

Ein "StudentInnenbeteiligungsprojekt" hätte/würde sich in diesem Fall wirklich gut anbieten. Es handelt sich um eine überschaubare und gut lösbare Aufgabe, noch dazu im direkten Umfeld. Leider scheinen Entwurfsprojekte an möglichst fernen Bauplätzen prestigträchtiger zu sein...

Mo. 18/04/2016 12:07 Permalink
georg schrutka

für diesen Artikel, den ich letzte Woche als plus/minus Beitrag selbst schreiben wollte. Die Gestaltung des Innenhofs ist einer Architurfakultät wirklich unwürdig. Leider.

Mo. 11/04/2016 4:46 Permalink
Daniel Zimmermann

Danke für den täglichen Beweis.
Die Sache mit dem Freiraum ist schon wieder so eindeutig, dass es weh tut.
Es braucht einfach mehr Bewußtsein und Wertschätzung für unsere täglcih genutzten Außenräume.
Aber wie kann man das vermitteln? Wir Landschaftsarchitekten scheitern leider auch viel zu oft daran.
Es ist "wurscht", "eh da", "gehört allen", wächst eh", "kost nur Geld", ... oder was besonders schlimm ist: "was willst, schaut eh gut aus."
Liebe Grüße nach Graz

Di. 12/04/2016 10:48 Permalink
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