04/11/2014

Jeden ersten Dienstag im Monat veröffentlicht GAT in der Kolumne "Aber Hallo!" Anmerkungen von Karin Tschavgova zu aktuellen Themen von Architektur und gebauter Umwelt.

04/11/2014
©: Karin Tschavgova

Hoffnung auf mehrere Schwalben, die eine neue mobile Zukunft machen sollen

„24 hours Vienna“ um 7,60 (Euro) – zugegebenermaßen teuer, vor allem, wenn man es vergleicht mit dem einen Euro, den die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln pro Tag in Wien kostet, wenn man im Besitz einer Jahreskarte ist.
Dennoch – was für eine Alternative, was für eine Entspannung, was für ein Möglichkeitsraum! Kein mühsames Parkplatzsuchen, keine oft vergebliche Parkscheinpirsch (außerhalb von Öffnungszeiten), kein immer öfter vergebliches Kramen im Langzeitgedächtnis „Wie war das mit der erlaubten Parkdauer im zweiten oder siebenten Bezirk?“, kein bedauerter Interruptus eines guten Gesprächs, weil die Parkzeit – leider! – um ist. Wien erschließt sich per Öffis einfach und bequem, selbst dem Provinzler. Die soziale Errungenschaft einer städtischen Einrichtung, wie sie das U-Bahnnetz in Wien darstellt, kann der Angereiste vermutlich bewusster schätzen als der sprichwörtlich immer grantelnde Wiener. Oder sind die ausgestorben, seit es das immer attraktivere Netz gibt?
Wie schön wäre es, müsste man in Graz nicht vorweg Fahrpläne im Netz studieren, um sicher zu sein, dass man auf öffentlichen Routen pünktlich von A nach B  kommt, müsste man nicht auf Anschlüsse, die einen in vier Minuten ans Ziel brächten, zehn Minuten warten.
Ob das neue Feinstaub-Ticket, das es seit gestern zu erwerben gibt, Scharen von Grazern vom Ruckerlberg und von Waltendorf in Bus und Bim locken und damit der Stadt erlauben wird, das Netz auszubauen und den Takt von Anschlussbussen in Stadtrandgebiete zu verkürzen, wage ich zu bezweifeln. Zur Erklärung: laut einer Studie, die die FH durchgeführt hat, ist die Wohnzufriedenheit in diesem Stadtteil am höchsten, zugleich auch die Anzahl der Autos pro Haushalt – und damit vermutlich auch die der Autofahrten innerhalb der Stadt. Die Waltendorfer wird man vorerst wohl nur mit sanfter Nötigung davon abhalten können, für jede Fahrt ihr Auto zu verwenden – etwa Parkverbote für Mitarbeiter in Schulen oder öffentlichen Institutionen für jene, die mit Öffis in die Schule kommen könnten, gekoppelt mit Anreizsystemen, wie sie die Technische Universität seit einiger Zeit für ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bietet.

Ich setze auf die Jahreskarte um 228,00 Euro, die für Grazer und Grazerinnen ab Jänner 2015 kommen soll, und hoffe auf einen so gewaltigen Run auf dieses Angebot, dass dieses für die Stadt, die es subventioniert, mehr als ein Nullsummenspiel wird. In Wien hat sich die Zahl der Jahreskartenbesitzer nach deutlicher Verbilligung um mehr als 60 Prozent erhöht und ist mit 615.000 zur bestimmenden Größe geworden. Mehreinnahmen bedeuten, selbst wenn die Karten subventioniert werden, rechnerisch ab einem bestimmten Turning-Point mehr Spielraum für Investitionen. Das könnte in Graz ähnlich sein. Wenn dann auch zeitgleich Takte verkürzt werden, zum Beispiel bei der jetzt noch lange nicht ausgelasteten 60er-Linie nach Lustbühel – als weitsichtige Investition in eine andere Mobilitätszukunft. Oder wenn man erlaubt, dass bergwärts im Bus Fahrräder mitgenommen werden können. Ich will daran glauben, dass man damit viel mehr Menschen vom Stehenlassen des eigenen Autos überzeugen könnte, weil es Sinn macht, entspannt mit dem Bus „in die Stadt hinunter“ zu fahren. Das ist mit und im Takt eine echte Alternative zum Parkplatz suchen, Parkschein lösen, gestresst sein und außer Atem zum Rendezvous eilen – hundertprozentig.

Jördis

Hallo Karin - wenn Du Dir in Wien eine 8-Tage Klimakarte kaufst, bezahlst Du genau EUR 4,80 pro Tag (aber wie schon bei Aschenbuttel gilt: "Um Mitternacht musst Du zuhause sein + 1 Stunde" hihi ) Das empfehle ich Dir und allen noch immer Vor-Hinter-dem Semmering-Wohnenden. In Graz zahlt man auch 4,80 allerdings für 24 volle Stunden. Trotzdem kein Vergleich also weiterstrampeln - es ist auch gesund! Übrigends auch Aspern Seestadt ist mit dem Radl wunderbar zu erreichen, ich habe es soeben ausprobiert.

Do. 06/11/2014 11:49 Permalink
Anonymous

... "Wien erschließt sich [dem Touristen] per Öffis einfach und bequem" und dort auch nur in der Innenstadt wo die U-Bahn fährt. Auch Graz erschließt sich dem Touristen per Öffis einfach und bequem - vom Bahnhof fährt die Bim sicherlich in vernünftigem Takt in die Stadt.
Wenig Sinn hat es allerdings die Öffiverbindungen vom Ruckerlberg mit jenen der Wiener Innenstadt zu vergleichen, da muss eher ein Außenbezirk herangezogen werden. Eigenes Erlebnis in Wien: Von Mauer (Wotruba-Kirche) nach Döbling: Bus --> Bim --> U-Bahn --> Bim .... Das dauert dann, trotz einigermaßen erträglicher Wartezeiten 1,5 h und ist ohne Smartphone für den Provinzler nicht zu schaffen.
Graz hat wegen seiner "Kleine" den wesentlichen Vorteil gegenüber Wien, dass die Stadt mit dem Fahrad erschließbar ist. Wer nicht gerade am erwähnten Ruckerlberg wohnt, braucht für Graz selbst kein Auto und keine Jahreskarte. Und es gibt wirklich wenige Tage an denen man am Fahrrad ernsthaft nass wird und da sind dann auch die Öffis wieder recht.
Im Übrigen darf auch in Wien das Fahrrad nicht im Bus mitgenommen werden.

Di. 04/11/2014 4:43 Permalink
Michaela wambacher_www

Antwort auf von Anonymous

ich probiere es seit vergangenem Juni mit einer Halbjahreskarte von Hausmannstätten nach Graz (2 Zonen), genauer nach St. peter Schulzentrum. Leider komme ich als Landpomeranze nicht in den Genuss der vergünstigten Jahreskarte, obwohl ich ab Raaba im Stadtgebiet fahre. Das empfinde ich als ungerecht. Ich denke, viele Menschen aus Graz Umgebung würden den Bus nehmen, wenn die JK billiger wäre. Förderlich wäre auch, wenn die Busunternehmen, die zw. Hausmannstätten und Graz verkehren (Watzke, Matzer, Post und GVB) ihre Pläne endlich so abstimmen würden, dass wenigsten alle 15 Minuten ein Bus in die Stadt und auch retour fährt. Tatsache ist leider, dass sehr oft am Tag mehrere Busse der genannten Linien beinahe gleichzeitig fahren und so wiederum lange Pausen entstehen. Wenn ich also in der Früh den angepeilten Bus wieder einmal von hinten sehe, nachdem ich mein Enkelkind unter Zeitdruck in den Kindergarten gezerrt habe, kann ich mir die Füße buchstäblich in den Bauch stehen, bis der nächste kommt und ich bin nicht rechtzeitig in der Arbeit. Umgekehrt muss ich, aus Angst nicht vor KIGA-Schluss zurück in Hausmannstätten zu sein (die Öffnungszeiten unseres Pfarrkindergartens sind übrigens nicht an die tatsächlichen Bedürfnissen von arbeitenden ErzieherInnen angepasst) , einen Anschluss wählen, der weit vor der Zeit liegt, die ich mit meinem Pkw wählen kann. Was tu ich also, um Zeit zu sparen und meine Nerven zu schonen (und Ö 1 zu hören!!): ich entscheide mich öfter für das Auto, als es meiner Geldbörse und der Umwelt lieb ist. ÜBRIGENS: Mit dem Fahrrad von Hausmannstätten nach Graz kann ihre Gesundheit gefährden - man ist von da bis dort in eine dichte Abgaswolke eingehüllt. Tipp für die effektive, rasche, immer aktuelle Fahrplanauskunft: Graz-Holding App "BusBahnBim" aufs Handy laden!

Di. 04/11/2014 10:17 Permalink
Karin Tschavgova

Antwort auf von Anonymous

Na, ja, - U1 vom Reumannplatz (10.Bezirk) nach Leopoldau (21.Bezirk, glaub ich) bis 2017 noch 4,6 km länger über den Reumannplatz hinaus und dann 19 km lang. U2 von Karlsplatz nach Seestadt Aspern (weit über der Donau im Osten), U3 von Simmering nach Otterkring, U4 von Hütteldorf nach Heiligenstadt (19.Bezirk) U6 von Siebenhirten (23.Bezirk im Süden) nach Floridsdorf (21. im Norden) 17km Länge.
Innenstadtverbindungen kann man die wohl nicht nennen, oder? Intervalle in den Stoßzeiten 2 - 3 Minuten
Intervalle übrige Zeit: 5 - 8 Minuten
Fahrräder kann man im gesamten U-Bahnnetz mitnehmen mit Ausnahme von 15.00 bis 18.30 Uhr werktags, Samstags, sonntags und feiertags jedoch immer!
Graz hat tagsüber kein Problem mit den Innenstadtverbindungen und -Takt (habe ich auch nicht behauptet) sehr wohl aber eines mit den Verbindungen in die Außenbezirke und auch eines in den Abendstunden, wo man als Schönwetterradfahrer dann im Dunkeln steht und wartet und wartet auf den Anschlussbus ...
Und warum nicht mit dem Rad im Bus bergwärts in Graz, wenn man die Steigung, unsportlich, per Rad nicht erklimmen kann? Zumindest zu Zeiten, in denen der Bus fast leer fährt.

Mi. 05/11/2014 12:02 Permalink
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