Vorlseung Architekturgschichte
Graz

Montage: Uwe Bresan, Barcelona Faun

Die Interpretation der Werke von Kunstschaffenden im Kontext ihrer privaten Biografien ist in Kunst-, Musik-, Film- und Literaturgeschichte längst gängige Praxis. Ganz selbstverständlich darf dabei auch die sexuelle Identität dieser Personen berücksichtigt werden. Ja, sie muss mitunter sogar Eingang in die Deutung finden: Was verstünden wir etwa von der Kunst David Hockneys, der Musik Peter Tschaikowskis, den Filmen Luchino Viscontis oder den Werken von Thomas Mann ohne das Wissen um deren Homosexualität? Was in den anderen Disziplinen längst unumstrittener Standard ist, ist zumindest innerhalb der deutschsprachigen Architekturwissenschaften noch immer ein Tabu. So wird selbst noch in neueren Darstellungen über Architekt*innen der Vergangenheit deren Homosexualität gern vollständig ausgeblendet und damit die Gefahr von Fehlinterpretationen wissentlich in Kauf genommen. Es ist höchste Zeit für ein Coming-Out der Architektur!

2020 schrieb die Schweizer Architekturzeitung archithese über den Architekturpublizisten Uwe Bresan, dass dieser fände, „es sei an der Zeit, anders mit Homosexualität in der Architektur umzugehen.“ Damals war zu lesen: „Philip Johnson, Charles Renfro und Jürgen Mayer H. – es gibt einige wenige prominente Architekten in Geschichte und Gegenwart, die offen mit ihrer Homosexualität umgegangen sind. Doch erstaunlicherweise sind – trotz des liberalen Klimas gegenüber LGBTQs im «Westen», die meisten Architekt*innen noch immer in the closet. LGTBQ+Architekt*innen sollten weltweit endlich out, loud und proud sein! In den USA ist es längst Normalität geworden, dass sich Architekturschaffende outen. Auch in den Architekturwissenschaften gilt es heute als politisch korrekt, homosexuelle Architekten aus Geschichte und Gegenwart beim Namen zu nennen. Zumindest im deutschsprachigen Europa begegnet man ähnlichen Unterfangen jedoch noch immer mit Unverständnis oder gar Ablehnung.“  (archithese.ch)

Ist seitdem etwas passiert? Im Sommer 2022 eröffnete eine Ausstellung zu dem Thema und Uwe Bresan veröffentlichte gemeinsam mit dem Frankfurter Architekturtheoretiker Wolfgang Voigt das Buch Schwule Architekten. Verschwiegene Biografien vom 18. bis zum 20. Jahrhundert.
In Graz spricht Bresan im Rahmen der Vorlesung Architekturgeschichte am Institut für Entwerfen im Bestand und Denkmalpflege, TU Graz, im November über die Ausstellung und das Buch.

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