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Graz

O.T. | 2012 | Fotografie | 50 x 70 cm

©: zweintopf

Zeitgenössische Kunst ist nicht nur Reflexion oder Kritik der Gegenwart, sondern sie kann auch ein Signal sein für etwas, das wir noch nicht begreifen. Man betrachtet ein Kunstwerk – vielleicht irritiert –, aber man spürt, dass es der Ausdruck von etwas Neuem, sehr Wesentlichem ist (etwas, das das Unfassbare oder Mysteriöse oder ähnlich genannt wird).
zweintopf sind in diesem Sinne absolute Gegenwartskünstler. Sie untersuchen akribisch die unfassbaren Phänomene der Gegenwart. In ihren Arbeiten reflektieren sie die Jetzt-Zeit, die Zeit, in der wir leben und versuchen, uns ihren Herausforderungen einigermaßen zu stellen. zweintopf suchen in diesem ambivalenten Heute nach Symptomen für den Zustand unserer Gesellschaft, der uns allen ein Rätsel ist. Sie finden diese Symptome im öffentlichen Raum, in kuriosen Produkten der Konsumgesellschaft und in irritierenden Texten, etwa Bedienungsanleitungen oder Werbungen. Diese Symptome bearbeiten sie im Ausstellungsraum als auch im öffentlichen Raum und versuchen, sie zu enträtseln, nehmen Korrekturen vor oder machen durch Interventionen auf sie aufmerksam; sie arbeiten wie Kulturanthropologen der bildenden Kunst.

zweintopf wissen, dass die fetten Jahre der Postmoderne zu Ende sind. Die Party ist vorbei, aber was kommt nach der Party? In ihren Arbeiten mit dem Titel noneventeventmonument bauen sie Räume aus hellen Partyzeltstangen, jedoch ohne die dazugehörige schützende Haut. Oder großfläche räumliche Strukturen aus weißen Strohhalmen, wie in der Arbeit …xyz. Die Partyzelte funktionieren nicht mehr, die weißen, geometrischen Raumgebilde wirken in den rauen Landschaften und verwilderten „Gstettn“, in die sie gesetzt wurden, wie gescheiterte Reste der Moderne; hyperästhetische und doch sinnlose Behausungen. zweintopf wählen mit Absicht Materialien und Methoden, die ihre Arbeiten wie gescheiterte Versuche aussehen lassen. Ihr Thema ist gerade Unerfüllbarkeit, jedoch gekoppelt an eine unbestimmte Sehnsucht oder Hoffnung. Zögern und Scheitern sind Teil ihrer programmatischen künstlerischen Geisteshaltung. Die Resultate begegnen uns zugleich ironisch und ernst, komisch und tragisch, romantisch und schrecklich, fragil und robust, hoffnungsvoll und melancholisch, permanent und flüchtig.

Dieses Pendeln zwischen zwei Polen zeigt sich sogar im Namen des Duos, zweintopf: zwei in einen Topf geworfen, eins und zwei zugleich; und zudem entsteht etwas Neues, das weder eins noch zwei ist. Sie beschreiben dies selbst in ihrer Publikation am besten: „[…] zweintopf besteht aus zwei, divergierenden Geschlechtern entspringenden Individuen, die sich zeitlich zwischen Vergangenheitsbewältigung und Zukunftsangst mit der Kunst und ihrer Artverwandtschaft zu arrangieren versuchen. Von der Kritik bestärkt, im Rennen um die vorderen Plätze der dämlichsten Namen für Künstlerduos zu sein …und immer wieder die Frage, wie gemeinsames Leben und gemeinsames Kunst schaffen möglich sein kann.“

Der niederländische Philosoph Timotheus Vermeulen beschreibt dieses Dazwischen-Sein, dieses Sowohl/Weder, als symptomatisch für die gegenwärtige Zeit, für die er den Namen Metamoderne gefunden hat: „Metamoderne heißt […] Versuch trotz unausweichlichen Versagens“. Auf die Party folgen demnach nicht After-Party oder Katerstimmung, sondern beides.
(Text: Margareth Otti)

Eröffnung: Freitag, 08. April 2016, 19:00 – 21:00 Uhr

Veranstaltungsort
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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