Wien
©: ÖGFA - Österreichische Gesellschaft für Architektur
©: ÖGFA - Österreichische Gesellschaft für Architektur

Die Österreichische Gesellschaft für Architektur (ÖGFA) veranstaltet anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens vom 16. bis 18. Oktober 2015 eine Tagung in Wien zu aktuellen Fragen der Architektur- und Stadtplanungskritik.

Jede Kultur lebt von der Qualität ihrer Debatten. Die internationale Tagung Kritik oder Krise nimmt sich zum Ziel, die Handlungsfelder der Kritik in der Baukultur und Stadtplanung auszuloten.

Die Österreichische Gesellschaft für Architektur wurde 1965 als kritische Stimme gegründet. Zu ihrem 50-jährigen Jubiläum richtet die ÖGFA Fragen an den aktuellen Stand der Kritik. Öffentliche Diskussion und Streitmomente der Stadtplanung gaben Anlass zur Gründung und sind bis heute Motor für das Programm der ÖGFA. Die Tagung befasst sich mit Kritik auf der Ebene der Theorie und mit dem kritischen Zeitgeist der Architektur von den 1960er und 1970er Jahren bis heute. Dabei soll auch der Status Quo von Architekturkritik und Architektur-(Aus-)Bildung beleuchtet werden. Hat Kritik ihre Kraft verloren oder ist es an der Zeit für neue Ansätze einer kritischen Praxis oder criticality?

Die ÖGFA freut sich über Vorschläge für Beiträge, die das Verhältnis von Kritik und Architektur aus möglichst verschiedenen Perspektiven diskutieren. Die Tagung Kritik oder Krise ist interdisziplinär und richtet sich u.a. an VertreterInnen aus den Bereichen der Architektur und Städtebau, Stadtplanung, Planungstheorie, Politischen Theorie, Wissenschaftstheorie, Kunst- und Filmwissenschaften, Kulturwissenschaften, Kunstgeschichte, Anthropologie und Medienphilosophie.
Die Themenschwerpunkte orientieren sich an den folgenden, unterschiedlichen Formen, Agenden und Medien von Kritik:

1) Medien und Inhalte der Architekturkritik
Architekturkritik als Analyse oder Agenda? Kann man über die Form eines Gebäudes diskutieren ohne über Gesellschaft zu sprechen? Dieser Themenbereich widmet sich dem strukturellen (Un-)Verhältnis von Journalismus und Kritik in Bezug auf den gebauten Raum.
Wie tritt Architekturkritik in öffentlichen Medien auf?
Warum ist Architekturkritik selten wirklich kritisch und was wären ihre Ziele und Methoden?
Welche Möglichkeiten zwischen „Verriss“, Analyse und Parteinahme hat Kritik und sind ihre Grenzen zum Marketing noch zu bestimmen?
Wie äußert sich Kritik an Stadt- und Raumplanung?
Welche Inhalte und Themen dominieren in der Architekturkritik, welche sind eher unterrepräsentiert?
Was sind die Werkzeuge der Kritik? Wo stößt die Architekturkritik in Alltagsmedien an ihre Grenzen und wäre es nicht auch notwendig, ihre Produktionsverhältnisse kritisch zu beleuchten?

2) Kann Architektur(-praxis) kritisch sein?
Muss die Praxis der Architektur affirmativ vorgehen, oder kann sie auf Distanz setzen? Dieser Themenblock erörtert grundsätzliche Fragen nach Form und Möglichkeit einer kritischen Praxis der Architektur.
Wie drückt sich eine solche kritische Praxis aus?
Bietet die Bandbreite an unterschiedlichen und komplexen Ebenen und Stadien von Architekturprojekten ein ebenso großes Spektrum an kritischem Potenzial?
Die Themen reichen vom Boykott einzelner Projektaufträge, über den Umgang mit den Produktionsbedingungen im Büro und/oder auf der Baustelle bis hin zur kritischen Positionierung gegenüber übergeordneten Planungen, Ausschreibungen, Verfahren oder gesetzlichen Vorgaben. Beschränkt sich kritische Praxis dabei auf die Intention der Praktizierenden, auf „architektonisches Wollen“ oder kann die „innerarchitektonische Wirklichkeit“ des Gebauten selbst kritisches Potenzial bergen?

3) Wer spricht?
Dieser Schwerpunkt soll SprecherInnenpositionen innerhalb von Architektur und Planungsprozessen ausloten. Seit der partizipatorischen Wende in der Baukultur wird Mitsprache im Wohnbau, aber auch in der Stadtplanung als Planungsinstrumentarium anerkannt und eingesetzt - bisweilen auch, um möglicher Kritik von vornherein entgegenzutreten. Zugleich rücken die Protestformen, Bürgerinitiativen und Interessensgemeinschaften der jüngeren Zeit vermehrt Architektur und Stadtplanung ins Zentrum ihrer Kritik.
Wer darf dabei sprechen, wie viel Expertise ist notwendig um als kritische Stimme wahrgenommen zu werden?
Wie verhalten sich neue Bottom-up Initiativen zur etablierten Top-down Planungskultur?
Wir sind interessiert an einer Bandbreite an Themen, von „Recht-auf-Stadt“-Allianzen bis zur Anwaltsplanung, ebenso an AkteurInnen aus Behörden und Verwaltung. Wie steht es um die Selbstkritik der Planenden?
Nicht zuletzt: Wie artikulieren sich marginalisierte Bevölkerungsteile in Architektur und Städtebau?

4) Kritik der Kritik
Was wurde aus der Post-Criticality Debatte?
Wie ernst ist Kritik zu nehmen, wenn sie scheinbar ubiquitär wird, wenn sogar InvestorInnen den Anspruch erheben, kritisch zu sein?
Macht Kritik handlungsunfähig oder ist sie Motor für Veränderung?
Dieser Themenblock führt uns zur kritischen Auseinandersetzung mit Positionen der Kritik in der Architekturgeschichte, zu (Re-)Perspektivierungen durch Historiographie, ebenso wie zu unterschiedlichen Antworten auf die Krise der Kritik: vom Weiterschreiben bis zum Abschreiben von Kritik als Form des Erkenntnisgewinns.

Abstract
Willkommen sind Fallstudien, historische Einordnungen und theoretische Reflexionen, die sich mit einem der oben spezifizierten Themenfelder beschäftigen. Bitte senden Sie einen Abstract (max. 500 Wörter, auf deutsch) sowie einen kurzen Lebenslauf bis zum 15. Juli 2015 an: tagung@oegfa.at

Der Call richtet sich an den gesamten deutschen Sprachraum und wird an wissenschaftliche wie architekturnahe Institutionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verschickt. Die Auswahl der Vortragenden wird bis Ende Juli bekannt gegeben.

Damit Anreise- und Aufenthaltskosten keine Hürde für die Teilnahme von Vortragenden an der Tagung darstellen, versucht die ÖGFA, besonders für nicht institutionell angebundene TeilnehmerInnen die Reisekosten zu übernehmen.

Tagungsort: Wien, Adresse wird in Kürze bekannt gegeben

Konzeption und Organisation:
Gabu Heindl, Christina Linortner, Michael Klein, Manfred Russo

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